Vorlage - AA-2025-042 IV

 
 
Betreff: Informationen zur Berufung von beratenden Mitgliedern (sachkundige Einwohner) in Ausschüsse gemäß § 44 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Einreicher:AmtsdirektorAktenzeichen:111.01.00
Beratungsfolge:
Amtsausschuss Information
03.07.2025 
Amtsausschuss      

Sachverhalt:

 

Gemäß § 44 Absatz 4 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) kann die Gemeindevertretung (bzw. über die entsprechende Anwendung von Rechtsvorschriften nach § 140 BbgKVerf der Amtsausschuss) „Einwohnerinnen und Einwohner, die nicht gemäß § 12 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes (BbgKWahlG) an der Mitgliedschaft in der Vertretung gehindert und nicht Mitglied der Gemeindevertretung (bzw. des Amtsausschusses) sind, zu beratenden Mitgliedern ihrer Ausschüsse berufen (sachkundige Einwohnerinnen und Einwohner). Sachkundige Einwohner haben im Ausschuss kein Stimmrecht, keine Stellvertretung und können auch nicht den Ausschussvorsitz übernehmen. Sie werden für die Dauer des Bestehens des Ausschusses bzw.ngstens für die Dauer der Wahlperiode der Vertretung berufen. Zu beachten ist weiterhin, dass sachkundige Einwohner gemäß § 44 Absatz 4 Satz 1 BbgKVerf durch die Vertretung selbst, nicht durch den betreffenden Ausschuss berufen werden.

 

Die zu berufenden Personen müssen grundsätzlich zwei Anforderungen erfüllen:

 

  1. Sie müssen Einwohner der Gemeinde bzw. im Falle des Amtsausschusses Einwohner einer der amtsangehörigen Gemeinden sein.
  2. Sie dürfen nicht der Unvereinbarkeit (Imkompatibilität) nach dem Kommunalwahlrecht unterliegen.

 

Weitere Voraussetzungen sind nicht notwendig. Es gibt in diesem Zusammenhang keine Altersgrenze, so dass auch Jugendliche sachkundige Einwohner sein können. Eine tatsächliche Sachkunde ist nicht notwendig. Ob die Personen über ausreichende Kenntnisse verfügen, liegt im nicht überprüfbaren Entscheidungsspielraum der Gemeindevertretung bzw. des Amtsausschusses.

 

heres zu den zwei oben genannten Voraussetzungen:

 

  1. Einwohner

 

Einwohner in diesem Sinne ist nach § 11 Absatz 1 BbgKVerf wer in der Gemeinde bzw. in diesem Fall in den amtsangehörigen Gemeinden wohnt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies sind nach der Neufassung des § 11 BbgKVerf alle Personen, die einen Wohnsitz in der Gemeinde haben, unabhängig davon, ob es sich um einen Haupt- oder Nebenwohnsitz handelt. Diese neue Definition des Einwohnerbegriffs ist auch für Einwohnerbeteiligungen relevant, deshalb hier ergänzend die Begründung des Ministeriums des Innern und für Kommunales (MIK) zur Änderung:

 

Mit der Neufassung des § 11 Absatz 1 BbgKVerf wurden Anwendungsprobleme beseitigt, die mit Inkrafttreten der einheitlichen Kommunalverfassung im Jahr 2008 entstanden sind. Durch die Formulierung „ständigen Wohnsitz“ (vergleiche § 8 BbgKWahlG) war bisher der Einwohnerbegriff auf diejenigen Personen verengt, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben. Damit waren Inhaberinnen und Inhaber von Nebenwohnsitzen in der Gemeinde im Gegensatz zur Vorgängerregelung der früheren Gemeindeordnung nicht mehr vom Einwohnerbegriff umfasst. Problematisch war dies insbesondere bei der Einwohnerbeteiligung nach § 13 BbgKVerf, die an den Begriff der Einwohnerin bzw. des Einwohners nach § 11 BbgKVerf gekoppelt ist. Damit konnten Personen, die in der Gemeinde zwar einen Wohnsitz, aber nicht ihren Hauptwohnsitz hatten, nicht mehr an den Formen der Einwohnerbeteiligung partizipieren und beispielsweise an Einwohnerversammlungen teilnehmen. Die Neufassung des § 11 Absatz 1 BbgKVerf beseitigt nunmehr diese vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Rechtsfolge. Wohnung im vorgenannten Sinne ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird und von dem aus zumindest die Mitbenutzung einer Küche oder Kochgelegenheit sowie einer Waschgelegenheit und einer Toilette möglich ist. Der Status als Einwohnerin oder Einwohner beginnt mit dem Bezug der Wohnung in der Gemeinde bzw. mit dem Beginn des gewöhnlichen Aufenthalts und endet mit dem Wegzug aus der Gemeinde und der Aufgabe der Wohnung bzw. mit dem Ende des gewöhnlichen Aufenthalts. Der Einwohnerstatus besteht unabhängig von der Erfüllung der Meldepflichten nach dem Bundesmeldegesetz. Bei Zweifeln an der Einwohnereigenschaft kann die betroffene Person diese durch Vorlage des Personalausweises, des Mietvertrages oder auf andere geeignete Weise glaubhaft machen.

[MIK, Rundschreiben zum Gesetz zur Modernisierung des Kommunalrechts vom 5. März 2024]

 

  1. Unvereinbarkeit

 

Grundsätzlich geht es bei der Unvereinbarkeit um die Trennung von Amt und Mandat. Für sachkundige Einwohner gelten hier die gleichen Maßgaben wie für Bewerber auf ein kommunalpolitisches Mandat. Nach § 12 Absatz 1 BbgKWahlG können Beamte und Arbeitnehmer, die im Dienst folgender Anstellungskörperschaften stehen, nicht zugleich einer Vertretung angehören (bzw. nicht zugleich als sachkundige Einwohner eines Ausschusses der Vertretung tätig sein):

 

  1. Sie können nicht zugleich der Vertretung ihrer Anstellungskörperschaft angehören.
  2. Stehen sie im Dienst eines Amtes, so können sie nicht zugleich der Vertretung einer der amtsangehörigen Gemeinden angehören.
  3. Beamte oder Arbeitnehmer des Landes oder eines Landkreises, die vorbereitend oder entscheidend unmittelbar Aufgaben der Kommunal-, Sonder- oder Fachaufsicht über Gemeinden, Ämter oder Landkreise wahrnehmen, können nicht zugleich der Vertretung einer beaufsichtigten Gemeinde, dem Amtsausschuss eines beaufsichtigten Amtes oder der Vertretung eines beaufsichtigten Landkreises angehören.

 

Gemäß § 12 Absatz 4 Nummer 1 BbgKWahlG gilt dies nicht für Arbeitnehmer, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten oder Arbeiter im herkömmlichen Sinne sind.

 

Dies bedeutet zum Beispiel, dass ein Verwaltungsmitarbeiter der Amtsverwaltung nicht zugleich dem Amtsausschuss oder seinen Ausschüssen (Nummer 1) oder einer Gemeindevertretung oder einem Ausschuss der amtsangehörigen Gemeinden (Nummer 2) angehören darf.

 

Diese zunächst eindeutigen Normen wurden im Laufe der Zeit, insbesondere in Bezug auf die konkrete Tätigkeit des Arbeitnehmers, durch zahlreiche Urteile in der Rechtsauslegung konkretisiert.

 

So hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf einen Pförtner eines Kreisklinikums keinen Hinderungsgrund für eine Mitgliedschaft im Kreistag festgestellt und entschieden, dass jedenfalls bei kommunalen Vertretungen nicht unterschiedslos alle Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer der Kommune, die nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichten, von der zeitgleichen Mitgliedschaft in der Vertretung der Kommune ausgeschlossen werden dürfen. Der Ausschluss dürfe nicht auf solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erstreckt werden, „die keine Möglichkeit haben, inhaltlich auf die Verwaltungsführung der Kommune Einfluss zu nehmen“.

[BVerwG, Urteil vom 14.06.2017, Rn. 26 und 30]

 

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat sich dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen und entschieden, dass sich die geltenden Inkompatibilitätsvorschriften des § 12 BbgKWahlG zum Beispiel nicht auf „(nichtleitende) Erzieherinnen und Erzieher einer kommunalen Kindertagesstätte“ erstrecken, wenn sie […] keine Möglichkeit haben, inhaltlich auf die Verwaltungsführung der betreffenden Kommune Einfluss zu nehmen.

[Beschluss OVG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2019, OVG 12 S 49.19]

 

Eine grundlegende Voraussetzung dafür, die zeitgleiche Ausübung des Mandats bejahen zu können, dürfte regelmäßig sein, dass der betroffene Arbeitnehmer nicht in erheblicher Weise „sachbearbeitend“r die kommunale „Kern-“ oder „Hauptverwaltung“tig wird.

[Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Schumacher u.a. zu § 12 BbgKWahlG, Stand: Februar 2024]

 

Nummer 2 des § 12 Absatz 1 BbgKWahlG dehnt die Unvereinbarkeitsregelung auch auf Mitarbeiter des Amtes aus. Sie können nicht gleichzeitig Mitarbeiter des Amtes sein und der Gemeindevertretung einer amtsangehörigen Gemeinde angehören, sofern sie nicht die Merkmale des „früheren Arbeiterbegriffs“ (siehe oben) erfüllen. Da das Amt die Beschlüsse der amtsangehörigen Gemeinden vorbereitet und ausführt, sind in einer solchen Konstellation erhebliche Interessenkollisionen zu erwarten […]. Auf Grund der Regelung des § 12 Absatz 4 Nummer 1 können allerdings Arbeitnehmer des Amtes, die überwiegend keine geistigen Arbeiten verrichten oder Arbeiter im herkömmlichen Sinn sind, wie zum Beispiel Mitarbeiter des Bauhofes oder Reinigungskräfte der Gemeindevertretung angehören.

[Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Schumacher u.a. zu § 12 BbgKWahlG, Stand: Februar 2024]

 

Im Übrigen gelten diese Anforderungen auch für die Mitarbeiter eines kommunalen Eigenbetriebes.

 

r die mit Beschluss AA-2024-034 vom Amtsausschuss gebildeten Ausschüsse bedeutet dies Folgendes:

 

Kommunalausschuss:

 

r den Kommunalausschuss wurden mit vorgenannter Beschlussfassung keine sachkundigen Einwohner vorgesehen.

 

Sozialausschuss:

 

r den Sozialausschuss ist mit vorgenannter Beschlussfassung eine maximale Anzahl von drei sachkundigen Einwohnern festgelegt worden.

 

Im März 2025 wurde die Vorlage AA-2025-021 in den Sozialausschuss eingebracht und in diesem Zusammenhang berief der Ausschuss Frau Antje Behling-Scholz und Herrn Frank Marschke zu sachkundigen Einwohnern. Diese Berufung war formell fehlerhaft, da sie nicht durch den Amtsausschuss selbst erfolgte. Die Verwaltung wird zur nächsten Sitzung des Amtsausschusses eine entsprechende Vorlage einbringen. Bezüglich der oben genannten Anforderungen ist die Berufung von Frau Behling-Scholz und Herrn Marschke unproblematisch.

 

Bau- und Feuerwehrausschuss:

 

r den Bau- und Feuerwehrausschuss ist mit vorgenannter Beschlussfassung eine maximale Anzahl von drei sachkundigen Einwohnern festgelegt worden. Mit Vorlage AA-2024-048 wurden durch den Amtsausschuss folgende Personen als sachkundige Einwohner berufen:

 

-          Herr Peer Winkels (Amtswehrführer)

-          Herr Renérbandt (1. stv. Amtswehrführer)

-          Herr Fabian Gieseler (2. stv. Amtswehrführer)

 

Die Berufung von Herrn Winkels und Herrn Gieseler ist korrekt, Herr Dörbandt erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen als sachkundiger Einwohner, da er kein Einwohner der amtsangehörigen Kommunen ist. Der Bau- und Feuerwehrausschuss hat momentan somit nur zwei sachkundige Einwohner. Auch hier wird die Verwaltung eine korrigierende Vorlage zur nächsten Sitzung des Amtsausschusses einbringen.